Einwegkunststofffondsgesetz

Aufruf zur Konkretisierung des Hersteller-Begriffs im EWKFonds-Gesetzentwurf

Der Entwurf für ein Einweg-Kunststoff-Fonds-Gesetz (EWKFondsG) sieht vor, dass die „Hersteller von Einwegkunststoffprodukten“ zukünftig durch eine Sonderabgabe verpflichtet werden, die Kosten der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger u.a. für die Sammlung und Behandlung der im öffentlichen Raum entsorgten Einwegkunststoffprodukte zu übernehmen. Der Entwurf übernimmt die breite Hersteller-Definition der EU-Einweg-Kunststoffprodukte-Richtlinie, wonach „Hersteller“ nicht nur derjenige ist, der den Einwegkunststoffprodukte produziert, sondern auch derjenige, der diese befüllt, verkauft oder importiert und dadurch erstmalig auf dem Markt bereitstellt (siehe § 3 Abs. 3 des Entwurfs).

Für Einweg-Kunststoff-Verpackungen (nach Anlage 1 Nr. 1-3 des Entwurfs), darunter insbesondere Serviceverpackungen, bleibt im Entwurf unklar, welche Wertschöpfungsstufe zur Kostentragung herangezogen werden soll. Nach Aussage des BMUV sollen – abweichend vom Hersteller-Begriff des Verpackungsgesetzes – die Produzenten der Leerverpackungen bzw. die Importeure die Sonderabgabe zahlen. Wir halten diesen Vorschlag aus nachfolgenden Gründen für nicht überzeugend.

Für Einweg-Kunststoff-Verpackungen, darunter insbesondere Serviceverpackungen, bleibt im Entwurf unklar, welche Wertschöpfungsstufe zur Kostentragung herangezogen werden soll.

Benachteiligung deutscher Unternehmen aufgrund von Vollzugsdefiziten würde vergrößert

Nach Schätzungen der GMV werden ca. 60-70% der in Deutschland genutzten Serviceverpackungen aus dem Ausland importiert, zumeist direkt von den Letztinverkehrbringern, z.B. kleinen Imbissen, (Eis-)Cafés, Bäckereien, Metzgereien etc. Schon bisher ist es den Vollzugsbehörden nicht gelungen, die Systembeteiligungspflicht (nach § 7 VerpackG) für diese Verpackungen durchzusetzen, vielmehr gibt es in diesem Bereich bekanntermaßen eine große Unterbeteiligung. Es ist damit zu rechnen, dass diese (Kleinst-) Importeure auch eine Sonderabgabe umgehen werden. Eine Kostentragungspflicht im EWKFondsG für Verpackungsproduzenten und -Importeure hätte daher zur Folge, dass fast ausschließlich die deutschen Verpackungsproduzenten belastet würden, ihre ausländischen Wettbewerber jedoch nicht. Dies würde die Stellung deutscher Produzenten in dem sehr intensiven internationalen Wettbewerb erheblich schwächen. Benachteiligt im Wettbewerb würden darüber hinaus auch alle Letztvertreiber, die darauf achten, ihre Verpackungen ordnungsgemäß in Verkehr zu bringen. Zwar können die Zollbehörden Einfuhren auch Nicht-EU-Ländern stichprobenartig kontrollieren, was im Einzelfall auch zur Zurückweisung von nicht gesetzeskonformen Einweg-Kunststoff-Produkten führt. Bei Einfuhren aus anderen EU-Ländern finden jedoch keine solchen Kontrollen statt.

Verpackungsproduzenten kennen abgabenpflichtige Menge nicht

Die Produzenten der Leerverpackungen können außerdem schon deshalb nicht zur Kostentragung herangezogen werden, weil sie häufig gar nicht wissen, womit ihre Kunden die Verpackungen befüllen. So können beispielsweise transparente Kunststoffbecher mit Deckel (siehe Abbildung) je nach dem, mit welcher Ware sie vom Letztvertreiber befüllt werden, in unterschiedliche Gruppen fallen:

  1. Becher mit geschnittenen Früchten: Lebensmittelbehälter nach Anlage 1 Nr. 1, sofern für den Sofortverzehr bestimmt;
  2. Becher mit frisch gepresstem Fruchtsaft: Getränkebehälter nach Anlage 1 Nr. 3 Entwurf;
  3. Becher mit Tomaten: Keine Kostenpflicht, weil kein Lebensmittel-behälter nach Anlage 1 Nr. 1, da die Tomaten nicht für den Sofortverzehr bestimmt sind.

Die Verpackungsproduzenten haben häufig keine Kenntnis darüber, welcher Anteil ihrer Produkte als Einweg-Kunststoff-Verpackungen im Sinne des Entwurfs verwendet werden. Hinzu kommt, dass solche Leerverpackungen in der Regel vom Produzenten an Vertreiber geliefert werden, die diese Leerverpackungen wiederum in Deutschland und im europäischen Ausland verkaufen. Der Produzent weiß somit nicht, zu welchem Anteil seine Produkte in Deutschland eingesetzt werden.

Eine Meldung der in Deutschland in Verkehr gebrachten Einweg-Kunststoff-Verpackungen (nach § 10 des Entwurfs) ist dem Produzenten von Leerverpackungen daher gar nicht möglich.

Fehlende Kohärenz mit Verpackungsregeln erschwert Rechtsdurchsetzung

Bei den in Anlage 1 Nr. 1-3 des Entwurfs genannten Einweg-Kunststoff-Verpackungen handelt es sich um „Verpackungen“ im Sinne des Verpackungsgesetzes (vgl. § 3 Abs. 4b, 4c und 5 VerpackG). Nach Verpackungsgesetz werden Verpackungen „erstmalig“ auf dem Markt bereitgestellt, wenn sie als „Verkaufseinheit aus Ware und Verpackung“, d.h. mit Ware befüllt dem Endverbraucher angeboten werden (siehe § 3 Abs. 1 Nr. 1 VerpackG, sog. Verkaufsverpackungen). Als Verkaufsverpackungen gelten auch solche Verpackungen, die erst beim Letztvertreiber befüllt werden, um die Übergabe von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen (sog. Serviceverpackungen, siehe § 3 Abs. 1 Nr. 1 a) VerpackG). Dementsprechend richtet sich die Systembeteiligungs- und Registrierungspflicht in den §§ 7, 9 i.V.m. § 3 Abs. 8 VerpackG nach der jüngsten Novelle ausdrücklich an die Inverkehrbringer („Hersteller“) der mit Waren befüllten Verpackungen, nicht jedoch an die Produzenten der Leerverpackungen.

Eine Abweichung des Herstellerbegriffs zwischen VerpackG und EWKFondsG hätte erhebliche negative Auswirkungen bezüglich der Akzeptanz der Regelungen. Es wurden und werden seit Verabschiedung des VerpackG erhebliche Ressourcen seitens Industrie, Zentraler Stelle Verpackungsregister (ZSVR) sowie weiterer Stakeholder investiert, um die Definition des Herstellerbegriffs auf dem gesamten Markt verständlich zu machen. Umso fataler wäre nun die Abweichung von dieser Definition im EWKFondsG. Es droht eine massive Marktverwirrung und die Effekte der Aufklärungskampagne, insbesondere durch die ZSVR, würde zunichte gemacht. Dabei könnten mittelfristig auch die bereits niedrigen Systembeteiligungsquoten bei Serviceverpackungen nochmals sinken, da eine Differenzierung zwischen Sonderabgabe für das EWKFondsG und Lizensierungsentgelt für das VerpackG, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, nicht vermittelbar ist.

Vorhandene Registrierungsdaten nutzen

Die ZSVR verfügt bereits über die notwendigen Angaben zur Geltendmachung der Ansprüche nach dem EWKFondsG, weil die Registrierungspflicht im Bereich der Serviceverpackungen neben den Systemgastronomiebetreibern insbesondere Imbisse, Cafés, Bäckereien, Metzgereien etc. trifft. Insgesamt sind vermutlich ca. 300.000 „Hersteller“ im Sinne des § 9 Abs. 1 VerpackG zur Registrierung verpflichtet. Der Gesetzentwurf selbst sieht in § 8 Abs. 2 die Nutzung dieser Daten durch das UBA vor. Vergleichbare Daten für die Produzenten von Leerverpackungen liegen nicht vor. Wir setzen uns daher dafür ein, die vorhandenen Daten der ZSVR zu nutzen.

Im Übrigen sprechen auch Regelungen im Entwurf selbst gegen eine Inanspruchnahme der Produzenten der Leerverpackungen: So ist beispielsweise für Kleinst-Inverkehrbringer eine Ausnahme von der Meldepflicht vorgesehen, wenn sie „weniger als 50 Kilogramm“ der EWK-Produkte im Vorjahr in Verkehr gebracht haben (§ 10 Abs. 4). Eine solche Ausnahme macht für industrielle Verpackungsproduzenten keinen Sinn. Außerdem werden in der Begründung des Entwurfs eine Reihe von „(Hersteller-)Verbänden“ aufgelistet (HDE, BDI, IK, MV und der BVE), die für eine Besetzung der sechs Hersteller-Sitze in der Einweg-Kunststoffkommission (siehe § 23 Abs. 2) in Frage kommen sollen. Mit Ausnahme der IK vertreten diese Verbände allerdings weder Verpackungsproduzenten noch -importeure. Schließlich droht die Gefahr einer Doppelbelastung, wenn sowohl der Produzent der Leerverpackungen in Deutschland also auch der Letztinverkehrbringer in einem anderen EU-Mitgliedstaat mit den entsprechenden Kosten belegt werden. Grund dafür ist, dass alle anderen Mitgliedstaaten (soweit bekannt) im Rahmen der Erweiterten Herstellerverantwortung den Letztinverkehrbringer zur Kostentragung verpflichtet. Der Vorschlag des BMUV stellt insofern einen Sonderweg innerhalb der EU dar.

Wir halten es daher für sinnvoll, im Einklang mit dem Verpackungsgesetz und der Umsetzung in anderen EU-Mitgliedstaaten die Inverkehrbringer der mit Ware befüllten Einweg-Kunststoffverpackungen zur Kostentragung im Rahmen des EWKFondsG zu verpflichten, nicht jedoch die Produzenten und Importeure von Leerverpackungen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie diese Aspekte bei der Bewertung des Entwurfs berücksichtigen würden.

Die vollständige Stellungnahme als PDF-Dokument finde Sie hier